Vedette, offene Einzelblüte

’Vedette’

syn: ’Eclat de Haute Bretagne’, ’Haute Bretange’

Edelrose
Adam (F), 2005
Kreuzung: nicht veröffentlicht
Farbe: Lachrosa bis Lachsrot mit Gelb
Füllung/Form: hoch gebaut, sehr elegant
Duft: sehr intensiv, rosig mit Zitrus und Fruchtnote
Höhe: bis ca. 120 cm

Die Sorten des französischen Züchters Michel Adam, sowie einiger anderer Züchter aus Italien und Frankreich werden von der Vermarktungsgesellschaft NIRP vertrieben. Der erste deutsche Rosenanbauer und -züchter, der NIRP-Sorten hierzulande bekannt machte ist der Rosenhof Schultheis und es ist Christian Schultheis, mein lieber Freund, dem ich die Bekanntschaft mit NIRP-Sorten verdanke. Besonders reizvoll finde ich die exquisiten Edelrosen aus dieser Quelle. Sie akklimatisieren sich problemlos auch in Deutschland und zeichnen sich sehr oft durch die von mir so geschätzte hoch gebaute Blütenform und einen herrlichen Duft aus. Auch die Blattgesundheit ist, zumindest bei den NIRP-Sorten die ich kennen gelernt habe, überdurchschnittlich gut.

Vedette im Frühsommer

Aber das musste ich erstmal selbst herausfinden. Eine der ersten Züchtungen von Adam, die ich schon vor etwa acht Jahren in meinem Bielefelder Schrebergarten gepflegt hatte war ’Vedette’. Und seit ich sie kenne, liebe ich sie sehr.

Die Knospe ist stets sehr hoch gebaut und das Blütenleben beginnt mit den großen Gesten, die Edel-Rosen eigen sind: Die ersten Blütenblätter spreizen sich langsam nacheinander von der noch geschlossenen Knospe ab. Die hohe Mitte der Knospe bleibt bis zum Öffnen der innersten Blütenblätter und dem Verblühen erhalten und die gut gefüllte Blüte hat stets eine grandiose Wirkung. Die Farbe ist ein Lachston, der je nach Jahreszeit und Wetter unterschiedlich warm ausfällt. Im Frühsommer würde ich ihn als Lachsrosa oder tief Korallenrosa bezeichnen das von der Basis der Petalen einen kleinen gelben Schimmer bekommt. Der Gelbanteil sowohl in der Blütenmitte als auch in der Mischung des Lachstons verstärkt sich im Laufe der Wochen bei den nachfolgenden Blüten – das Foto rechts stammt aus dem Juli. Besonders ab Spätsommer, etwa Mitte September, kann man daher nicht einmal mehr im weitesten Sinne von einem Rosaton sprechen. Das Lachs ist orangefarben unterlegt und besonders bei Sonnenlicht wirkt die Farbe – wie das große Bild unten zeigt – strahlend und heiter. Hinzu kommt, dass die Farbe der Außenseiten der Blütenblätter immer „gelber“ wird. Wir haben dann eine Bicolor-Farbstellung vor uns, die allerdings keinesfalls plakativ, sondern subtil wirkt, und dennoch nicht übersehbar ist. Das unterste Foto in diesem Beitrag veranschaulicht, was ich meine. … und obendrein duftet die große Blüte betörend! In den Rosenduft mischen sich deutliche fruchtige Akzente … aber ich gebe zu, dass ich über die Zitrusnote hinaus die anderen Aromen nur schwer beschreiben kann. Süß und weich unterlegt ist das Ganze jedenfalls.

Ist eine solche erlesene Blüte nun die Eintrittskarte für eine quengelige, anspruchsvolle Pflanze, damit sie in einen Garten gesetzt wird? Absolut nicht! Die Pflanze wächst äußerst kraftvoll und verzweigt sich sehr gut. Zwar werden die meisten Blüten einzeln hervor gebracht, doch ab und zu stehen sie auch in kleinen Büscheln zu dritt oder viert zusammen. Die gesamte Erscheinung der Pflanze ist prachtvoll und vital und der rote Austrieb mit den dunkel ergrünenden glänzenden Blättern sich schon an sich ebenfalls sehenswert.

… aber bleiben die Blätter auch gesund? Nun, zugegeben, ’Vedette’ hat kein ADR-Zeichen bekommen, das ja als Ausweis einer guten Resistenz gegenüber Blattkrankheiten dienen könnte. Meine eigenen Beobachtungen mit ihr in dem nicht gerade sonnenverwöhnten (… bei „normalen“ Sommern, versteht sich …) Bielefeld etwa vor 12 Jahren sind aber ermutigend, denn ein Befall von Pilzen kam kaum vor. Allerdings erinnere ich mich an ein Jahr, in dem nahezu alle Rosen – auch ADR-Sorten übrigens – stark befallen waren, weil es ungewöhnlich lange sehr nass war. Ich zweifelte an all meinen bisherigen Einschätzungen, denn selbst die bislang supergesunden ’Graciosa’, ’Novalis’, ’Garden of Roses’, ’Grande Amore’ oder ’Lady of Shalott’, viele weitere … und eben ’Vedette’ standen mehr oder weniger nackttriebig da … und das im August. Verstörend! Das nächste Jahr kam und der Wetterverlauf war sehr viel ausgewogener. Und siehe da: Alle die genannten Heldinnen standen bis zum Oktober im makellosen Blätterkleid wieder da, als wäre das Vorjahr nur ein Alptraum gewesen.

Vedette bicolor

Ich habe daraus zwei Dinge gelernt: Erstens, dass Rosensorten hinsichtlich ihrer Blattgesundheit nur nach einer Folge von Jahren mit wirklich unterschiedlichem Witterungsverlauf beurteilt werden können. Und – viel wichtiger – dass ich Rosen nicht nach einem Jahr mit ungünstiger Witterung wieder entferne, wenn sie Befall hatten, sondern ihnen mindestens ein zweites Jahr zur Bewährung gebe. (Ich muss anmerken, dass ich in diesem Punkt sehr rigoros bin, denn Sorten die immer wieder krank werden, grabe ich wieder aus und verschenke oder verbrenne sie – egal wie gut mir die Blüte gefällt.)

Fassen wir zusammen: ’Vedette’ mag hinsichtlich der Pilzbefall nicht unverwundbar zu sein. Doch ihre Vitalität und genetische Konstitution versetzen sie an einem guten Standort in die Lage, Krankheiten so zu widerstehen, dass sie nicht grassieren bzw. jedes Jahr wiederkehren. Dieser Umstand und ihre unvergleichliche Schönheit kombiniert mit einem Extraduft veranlassten mich dazu, sie auch in Rosengärten, die ich für Kundinnen und Kunden plane, zu verwenden. Sie fällt einfach auf durch ihre makellose Blütenform und wundervollen Farbe.

Bei gelegentlichen Führungen durch einen Rosengarten stellen mir Besucherinnen oder Besucher gelegentlich die Frage „Und was ist Ihre Lieblingsrose hier?“. Das ist ja eigentlich so, als würde man einen Papa fragen, welches seiner Spösslinge sein Lieblingskind sei und darum etwas verwegen. Und zweifellos sind alle zu sehenden Sorten, die ich selbst irgendwo eingesetzt habe, meine Lieblingsrosen, sonst wären sie nicht ausgewählt worden und meist ist meine Antwort genau diese.

Aber wenn mir jemand tief in die Augen schaut und wirklich, wirklich wissen will, welche Sorte ich in ihrer Gesamtheit nicht 100%ig, sondern „101%ig“ ins Herz geschlossen habe, dann flüstere ich den Namen: ’Vedette’.