Öfterblühender Climber
Noack (D), 2002
Kreuzung: nicht veröffentlicht
Farbe: zartestes Apfelblütenrosa bis weiß
Füllung/Form: dicht gefüllt; zuerst hochgebaute, dann schalenförmige Blüte
Duft: stark
Höhe: um 250 cm
Als ich das erste Mal ein Katalogbild von ’Graciosa’ gesehen hatte, ließ mich das kalt. Ich hatte nämlich kurz zuvor den gefüllten Sport der Weltrose ’New Dawn’ gepflanzt, der ’Awakening’ genannt wird und nahm an, die ultimative gefüllte zartrosa Kletterrose gefunden zu haben. Aber ’Graciosa’ ist völlig anders, wie sich bei einem zufälligen Aufeinandertreffen mit ihr in der Gärtnerei Noack bei Gütersloh herausstellte.
Ich dachte nämlich bei den ausgestellten Containerrosen eine Edelrose gefunden zu haben. Es war Frühsommer, die Pflanzen noch recht niedrig und erst die allerfrühesten Knospen blühten auf. Und wie! Sehr lang gestreckt, höchst edel und mit der divaesken Geste der Blütenblattabspreizung wie ich sie nur von Edelrosen kannte – bis dato. Mir war es völlig egal, um welche Rosenklasse es sich handelte, ich nahm sie umgehend mit um mir das Spektakel in Ruhe im eigenen Garten anschauen zu können.
Und das war in jeder Hinsicht eine tolle Überraschung. Die Edelrosenblüte hielt sich noch etwa zwei Tage lang, denn die hohe Mitte blieb erhalten während sich nach und nach weitere Petalen abschälten und in verschiedenen Winkeln ausrichteten. Und dann offenbarten sie eine Mitte mit sehr vielen kleineren Petalen, die man der schlanken Knospe gewiss nicht zugetraut hätte. Die Blüte wurde zur Schale der ein betörender Duft entsteigt: Ein bisschen Rose, ein bisschen Limone, vielleicht ein bisschen Richtung Lavendel oder Pelargonium, ein bisschen Bergamotte – ich bin nicht in der Lage, diese vielen Duftnuancen zu beschreiben, zu reichhaltig ist das Repertoire. Ich habe es schon woanders und nicht nur einmal geschrieben: Dieser Duft sollte als Sommerparfüm abgefüllt werden und würde ein Verkaufsschlager sowohl in der weiblichen als auch der männlichen Käuferschaft.
Die Blütenfarbe ist meist ein zartes Apfelblütenrosa. Lediglich in starker Sommerhitze verschwinden die rosigen Schattierungen und die Petalen schimmern in einem matten Kreideweiß. Ihre schönste Zeit hat ’Graciosa’ ab Mitte August, wenn sich der Rosé-Ton wieder ein klein wenig vertieft und der Duft so wunderbar strömen kann.
Die Blüten stehen meist in kleinen Büscheln zusammen, wo jede ihren Platz zur Entfaltung hat. Sie sind ziemlich groß und trotz der zarten Farbe recht wetterfest. Der Strauch wächst straff aufrecht. Im ersten Standjahr macht er Blühpausen, doch einmal Fuß gefasst kommt es fast zur Dauerblüte. Je nachdem wie geschnitten wird, lässt sich ’Graciosa’ als Strauch- oder als Kletterrose einsetzen – das Aufmacherbild und das Bild mit den Blütengruppen, die beide von Anna Griestop, stammen veranschaulichen das Potenzial dieser Ausnahmesorte. Ich hatte sie bisher fast in jedem Garten um mich – sogar in München, als ich zwei Jahre nur einen winzigen Balkon hatte auf dem nur zwei Rosen Platz fanden fiel meine Wahl auf sie. Im Bielefelder Schrebergarten grenzten vier Pflanzen zum Weg als Hecke und in einem Garten in Versmold, den ich mal besuchen durfte, war sie die perfekte Begrünung sehr großer Rosenbögen die sich als Tunnel formierten. Nur jetzt in Karlsruhe zeigte sie mir ihre Grenzen – und zwar dass sie keine Grenzen mag. Steht sie länger als drei Jahre in einem Kübel, scheint es ihr zu eng zu werden. Ich trauerte ein wenig, als ich sie verschenkt habe, aber die Abnehmerin freute sich wie doll und ich kann mich auf die Suche nach einer hinsichtlich des Wurzelraumes genügsameren Kletterrose machen – ob ich die finden werde ist allerdings fraglich … Rosen wurzeln tief, besonders solche, die hoch hinaus wollen.
Die Blattgesundheit ist ausgezeichnet, es kommt so gut wie nie zu Pilzproblemen. Auch die Winterhärte ist so gut, dass hier keine Rückschläge zu erwarten sind, die die Pflanze, wenn sie tief genug gesetzt wurde, ausgleichen kann. Sie sehen also: Die schönste und beste Kletterrose dieser Farbe haben sie nun kennengelernt.