Wildtulpe – Selektion
Wer an Tulpen denkt, hat meistens spontan Sorten im Sinn, die lang genug sind, um Schnittblumen abzugeben, also etwa Darwin-Hybriden, Triumph-Tulpen oder ähnliche Klassen aus der variantenreichen Tulpen-Kollektion.
Es gibt aber auch sehr kleine Wildarten, die in prunkvollen Gartenbeeten vielleicht nicht mit der Pracht-Show der großblumigen Züchtungen mithalten können, aber in naturnahen Stellen, oder einem Steingarten (etwa einer Trockenmauer) und ganz besonders auch in Gefäßen einfach nur faszinieren. Wie alle Tulpen brauchen sie im Frühling Feuchte und im Sommer trockenen Boden, um sich dauerhaft zu halten. Angesichts der derzeitigen sehr trockenen Sommermonate hierzulande mag das mittlerweile ohne besondere Maßnahmen klappen; sicher läuft diese Kultur allerdings in Gefäßen oder auf ohnehin besonders durchlässigen Gartenböden.
Je kleiner eine Pflanze ist, desto besser spielt sie ihre Schönheit aus, wenn sie an erhobenen Plätzen, etwa einem Hang, einer Mauer oder eben in Töpfen gepflanzt ist. Die Eigenarten präsentieren sich dort besonders gut. Die hier vorgestellte Kretische Tulpe ist ein sehr gutes Beispiel dafür, denn sie ist mit ihren kaum 10 Zentimetern Höhe ein wirklicher Zwerg. Hier ist die Selektion ’Heraklion’, die ich bei Nijssen in Holland im Herbst bestellt und anschließend in einen Kübel gepflanzt hatte (zur Rosensorte ’Comeback’) zu sehen. Die Blütezeit fällt bei uns dieses Jahr in die Zeit von Ende März bis Mitte April. Ist das Wetter trüb oder wird es abends, sieht man nur die rosig gefärbte Außenseite der Tepalen – bei Sonne öffnen sich die Blüten sternförmig und sind weiß mit gelber Mitte. Vielleicht nicht gerade ungewöhnlich, denn es gibt mehrere andere Wildtulpen mit vergleichbarer Farbstellung. Was sie so besonders macht ist ihre zierliche Erscheinung. Leider ist diese Art recht selten im Handel zu finden und nicht gerade in den unteren Preisklassen zu finden. Flächendeckende Pflanzungen sind daher nur bedingt möglich – sie ist eher eine kleine Kostbarkeit für den Nahbereich … und für so Pflanzennarren wie mich.
Vielleicht hätte ich diese Tulpenart nie gepflanzt, wenn ich nicht ein Fan der Insel Kreta wäre und mit der Tulpe eine Erinnerung an nun schon zwei Urlaube (jeweils im Spätherbst) hätte pflanzen wollen. Blühend habe ich sie wegen der falschen Jahreszeit unseres Aufenthaltes auf der Mittelmeerinsel noch nicht am Naturstandort gesehen und ich habe keine Ahnung, ob sie dort noch häufig zu finden ist. Aber die Vorstellung, dass sie in den Gebirgen hier und da noch wächst und ihren wildhaften Zauber ausübt ist schon eine schöne. Ob mein Mann und ich uns mal aufraffen können, Kreta im Frühling zu besuchen? Da Kreta auch ein Ursprungsort vieler griechischer Sagen und Mythen ist, habe ich da mal etwas Lesestoff zusammengestellt – und auch ein paar Urlaubserinnerungen werde ich bei Gelegenheit einmal hier einstellen. Nur mal so …
Tulipa cretica habe ich auf Kreta oberhalb der Samaria-Schlucht in 2000m Höhe auf der Wanderung zum Gingilos-Berg um den 1. Mai herum wiederholt gefunden. Nie in Massenbeständen, immer nur wenige Exemplare. Zuerst hielt ich sie für Krokusse. Die stehen aber 100m höher (Crocus sieberi). Die Pflanzenausbeute auf dieser Wanderung ist enorm, da dort kein Weidevieh unterwegs ist.. (Scilla, Corydalis uniflora, Acantholimon, Anchusa cespitosa, Prunus prostata v. discolor, Orchideen und viele andere.)
Hallo Christoph Rohlfs,
vielen Dank für deinen Kommentar und die Erläuterungen, dass diese Tulpe immerhin noch wild auf Kreta wächst. Ich war bisher nur im Spätsommer und Herbst auf dieser schönen Insel – vielleicht ist das ein Fehler und ich muss mal im Frühling dorthin reisen. Was du schreibst klingt wirklich nach einem Eldorado für Pflanzenbegeisterte, die mit der Kamera unterwegs sind. Ich bin nicht sicher ob meine Kretischen Tulpen in den Töpfen den Sommer überlebt haben und vor allem die nun nassen Winterwochen überleben werden. Sollten sie sich wieder blicken lassen, werde ich darüber berichten.
Herzliche Grüße
Andreas Barlage