Ich mochte sie schon immer, diese Klettergewächse mit den raffiniert gestalteten Blüten. Fromme Vergleiche schildern, dass der Kranz der Staubgefäße an die Dornenkrone Christi erinnern, die gelappten Blätter die Lanzen symbolisieren mit denen Christus gepeinigt wurde, und die korkenzieherartig spiralisierten feinen Kletterauswüchse die Folterinstrumente Geißel veranschaulichen. Alles sind Attribute zur Passion und somit hatte diese Pflanze ihren Namen weg.
Seit ich in der Nähe von Karlsruhe lebe, bewundere ich die großen Pflanzen, die im Botanischen Garten dort eine ganze Wand bedecken. Sie wurzeln im Boden und selbst, wenn sie einmal zurück frieren, erneuern sie sich in Rekordzeit. Immerhin stammt die Passionsblume – hier ist die Rede von Passiflora caerulea, der bekanntesten Art dieser vielgestaltigen Gattung – aus Süd- und Mittelamerika. So ist es schon ungewöhnlich, dass sie sich im Freiland auch dauerhaft hält. Offenbar ist das wintermilde Weinbaugebiet ein guter Platz für sie – in raueren Gegenden kommt es auf einen sehr geschützten Standort an oder man lässt sie lieber im Kübel.
Kein Wunder, dass ich Passionsblumen auch im Kübel auf meiner Dachterrasse ausprobieren wollte. Aber, um es gleich zu sagen – ich scheiterte grandios. Und das, obwohl die Anfänge mit der besonders großblumigen Sorte ‚Damsel’s Delight‘, die oben abgebildet ist, vielversprechend waren. Üblicherweise werden die Pflanzen im Frühling an einem Drahtbogen gezogen angeboten – so auch mein Exemplar. Ich pflanzte sie in ein sehr großes Gefäß mit bester Erde um und entwirrte sehr sehr vorsichtig die Ranken, um sie an ein größeres Gerüst aufzubinden. Ich wusste, dass Passionsblumen extrem stark wachsen und sehr reich blühen, wenn sie sonnig stehen und gut versorgt sind. Ich wusste auch, dass ihre Wurzeln sehr empfindlich auf Staunässe reagieren. Darum bekam das Gefäß vor der Pflanzung eine Dränage aus Tonkügelchen das ich mit einem Vlies abgedeckt hatte, ehe ich die Erde eingefüllt hatte. So wollte ich verhindern, dass die Wurzeln auch durch die Dränage wachsen und das Abzugsloch verstopften.
Das alles ging eine Weile lang sehr gut. Die Pflanze wuchs und blühte und es war ein Traum. Doch eines Tages im Hochsommer brach sie zusammen und vergilbte unrettbar. Das, was ich bereits bei früheren, nicht ganz so sorgfältig durchgeführten Versuchen mit der Passionsblume im Kübel erlebt hatte, wiederholte sich: Die Wurzeln waren nass und ließen sich nicht mehr trocken legen … trotz heißem Sommer und vorsichtiger Bewässerung.
Es war mittlerweile die sechste Blaue Passionsblume, die ich versucht habe in einem Kübel zu halten. Und nun gestehe ich mir ein: Ich bekomme das nicht hin. Aber ich habe Trost gefunden:
Doch Passionsblumenerfolg hatte ich bei einer anderen Art, die schon eine Weile am Fensterbrett in unserer Küche gedeiht: Passiflora trifasciata. Mir fiel sie als Jungpflanze in die Hände, und es waren die hübsch gezeichneten Blätter die mich entzückten. Es war Herbst und die Pflanze wuchs auch im Winter enorm voran. Ab Frühling ließen sich immer wieder sehr kleine, etwa daumennagelgroße weiße Blüten blicken, die so raffiniert gestaltet sind, wie die ihrer großen Schwestern. Und dieser Pflanze gefällt es offensichtlich sehr gut dort, wo sie steht. Sie beherrscht nahezu das ganze Fenster … gut dass die dort nebenbei stehenden Klivien so langmütig sind.