Ich mag den Valentinstag überhaupt nicht! Und das hängt nicht damit zusammen, dass ich keinen Sinn für Romantik habe. Meine Ablehnung beruht darauf, dass es ein werbewirksam „gemachter“ Feiertag ist. Seine Ursprünge hat er in den angelsächsischen Ländern. Hierzulande hat die Geschenk-, Süßwaren- und Blumenindustrie lange Jahre etwas neidisch darauf geschaut, wie gut die Geschäfte ihrer Branchen-Kollegen im Vereinigten Königreich und den USA am 14. Februar eines jeden Jahres florieren und zugesehen, dieses Datum hierzulande als Geschenkanlass zu etablieren. Und das ist ihnen gelungen.
Kitschige Legendenbildung zum Heiligen Valentin, dessen Feiertag der 14. Februar ist, musste schonmal als Grundlage herhalten. Es gab wohl mehrere Heilige bzw. christliche Märtyrer namens Valentinus in den Anfängen des Christentums, die als Namenspatron in Frage kommen. Das Rennen hat ein gewisser „Valentin von Rom“ gemacht, der bis 1969 im römischen Heiligenkalender geführt (und dann aus dem Generalkalender gestrichen) wurde, dem eine gewisse Sanftmut und ein Verständnis für Liebende nachgesagt wird. Dem Vernehmen nach war er bereits im 14. Jahrhundert als Schutzheiliger der Liebenden bekannt. Auch William Shakespeare kannte diese Bezüge und arbeitete sie in eine Textpassage von Ophelia in seinem Drama „Hamlet“ (erschienen 1600/1601) ein. Unter dem Einfluss der Anglikanischen Kirche wurde St. Valentin im 18. und 19. Jahrhundert in England und den USA immer populärer und Liebespaare tauschten romantische Geschenke aus oder schickten sich Karten, die mit „dein Valentin/deine Valentine“ unterschrieben waren. Im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts verbreitete sich dieser Brauch weltweit.
Auch Deutschland wurde davon nicht „verschont“. Treibende Kräfte waren die Süßwaren- und Blumenhändler, die ab etwa 1950 werbewirksam Valentinsbälle und entsprechende Aktionen initiierten. Der Februar-Termin kam wie gerufen, denn zwischen den bereits etablierten Schenkanlässen um die Weihnachtszeit und dem Jahreswechsel und Ostern klaffte eine gewisse Lücke; der Valentinstag bot sich an, diese zu schließen. Lange Jahre wurden derartige Bestrebungen mit einem gewissen Lächeln quittiert und längst nicht jedes Blumengeschäft dekorierte mit den plakativen roten Herzen. Aber es hat funktioniert. Heute ist die kitschige Deko-Flut nicht mehr wegzudenken. Stecker in Herzform, kleinen pfeilschießenden Cupidos, Federn, Plüsch und eingängigen wie abwegigen Liebessymbolen „zieren“ mehr oder minder gelungene floristische Werkstücke. Die Farben Rot und Rosa dominieren. Der größte Mitbewerber der Blumenhändler ist die Süßwarenindustrie und beide überbieten sich im Betonen ihrer Wichtigkeit – mit dem Ergebnis, dass genervte Käufer sich genötigt sehen, neben den Blumenstrauß noch Pralinen in Herzformschachteln legen. Und auch Juweliere oder wenigstens Modeschmuckanbieter machen an diesem Termin einen guten Umsatz mit echten Preziosen oder wertlosen Talmi.
Besondere Bedeutung haben für die Blumenbranche rote Blumen, allen voran rote Rosen. Um den weltweiten Bedarf termingenau zu decken, reichen die frisch geernteten Mengen zu diesem Tag nicht aus. Daher werden ein, zwei Wochen vor dem 14. Februar geerntete rote Schnittrosen gekühlt und vorgehalten um zum Verkaufszeitpunkt verfügbar zu sein – mit dem Effekt, dass viele von ihnen dann von so minderer Qualität sind, dass sie ihre Haltbarkeit in der Vase einbüßen. So manche Valentinsrose hat den 14. Februar kaum überstanden. Und das, obwohl sie verglichen mit den meisten anderen Wochen im Jahr, zu Höchstpreisen verkauft werden. Verständliche Bestrebungen von Floristen, das Augenmerk eher auf die Lieblingsblumen eines zu beschenkenden Menschen zu richten – am liebsten auf solche, die eben nicht in rot oder rosa blühen – greifen nicht wirklich; zu stark ist die rote Rose als Liebesblume etabliert.
Schon allein aus diesen Gründen mache ich ab etwa dem 10. Februar einen großen Bogen um Blumengeschäfte, denn teurer und schlechter kann ich in kaum einer anderen Zeit (mal abgesehen vom Muttertag, den ich ebenfalls abscheulich finde) kaufen. Erst wenn sich etwa Ende Februar später der Staub gelegt hat und die Preise und Qualitäten wieder akzeptabler sind, hebe ich den internen Bann des Pflanzen- und Blumenkaufes für mich wieder auf.
Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich einen Valentinstag für entbehrlich halte. Mir widerstrebt es zutiefst, an einem durch Konsumbestimmer vorgegebenen Tag etwas schenken zu müssen! Das bezieht sich übrigens auch auf Geburtstage, Weihnachten oder sonstige kalendarische Fixdaten. Erwartungen werden hoch getrieben und wehe dem, der diesen Tag vergisst oder nicht angemessen „würdigt“.
Meiner Ansicht nach ist das nicht das Kennzeichen des Schenkens. Valentinstaggeschenke und Co. sind Erfüllungen von Erwartungen, die uns von außen eingeflüstert wurden – und sind darum zwang-haft. Schenken hingegen ist ein höchst freiwilliger, persönlicher Akt; eine Aufmerksamkeit die auf den Beschenkten abgestimmt ist und eine Überraschung sein soll. Wie viel schöner und ehrlicher ist es, Schenken eben nicht als Pflichtübung zum Beweis der Zuneigung (nach dem Pistolen-auf-die-Brust-Motto „Wenn du mich wirklich liebst, machst du….“) abzuleisten, sondern als inspirierende Aufmerksamkeit.
Ich schenke gerne, wirklich – allerdings nicht wenn ich muss. Die Idee, zu schenken ist Anlass genug, ich brauche und will keine Aufforderung dazu. Darum bin sehr froh, dass mein Mann und ich uns von Anfang an von den üblichen „Schenkanlässen“ gelöst haben und freue mich darüber, wenn er mal eine Kleinigkeit mitbringt oder mir eine Idee kommt, ihm etwas Schönes mitzubringen. Nichts ist dabei zu klein, zu groß oder zu unpassend – dafür kennen wir einander einfach viel zu gut. Und was ist schöner, als wirklich verstanden zu werden … kann das ein Valentinstagsgeschenk mit Dekorummel jemals leisten?