Mögen Sie Nelken? Für mich gehören sie seit jeher zu den Lieblingsblumen und es macht mir überhaupt nichts aus, wenn Sie mich jetzt spontan als Spießer wahrnehmen. Nelken gelten als langweilig, gestrig, als Totenblume oder als Farbflächenbringer in einfallslosen Arrangements. Und das ist einzig auf die einfallslose Verwendung von Schnittnelken zurückzuführen, die vor allem zwischen den 50er bis 70er Jahren die Blumengeschäfte füllten … bis sie in dieser Funktion von den noch steriler wirkenden Gerberas abgelöst wurden.
Gehen wir das Ganze doch einmal vorurteilsfrei an. Was soll eine typische Nelke bringen? Wir haben eine kleine bis große Blüte mit Blütenblättern, die aus einem markanten Kelch herausquellen, gekrauste, gewellte oder geschlitzte Ränder haben und duften. Duften? Ja, klar! Das ist eine der himmlischen Eigenschaften dieser Blume. Allerdings duften längst nicht alle Züchtungen. Vor allem die Schnittsorten sind meist duftlos, weil sie (ähnlich wie Treibrosen) länger in der Vase halten und besser lagerfähig sind, als stark duftende Züchtungen. Doch auch bei den polsterig wachsenden Gartennelken gibt es viele Sorten die olfaktosich stumm sind. Ich schnuppere immer an Nelkenblüten, die auf Pflanze oder im Schnitt angeboten werden und greife nur dann zu, wenn ich einen Duft finde. Duftlose Nelken sind für mich reizlos.
Die bekannten Nelken gehören zum Formenkreis der Art Dianthus caryophyllus. Man kultiviert sie gewöhnlich als Zweijährige, sät sie also im Mai aus, und hat dann im kommenden Jahr blühfähige Pflanzen. Die Gartenformen werden fast immer in Mischungen angeboten und ähneln den Blumenladennelken, wenn sie auch kleinere Blüten haben, verzweigter sind und ein Teil von ihnen nicht gefüllt blüht. Ich mag diese Nelken sehr gerne, vor allem weil sie den typischen süß-pfeffrigen Duft verbreiten. Allerdings ist es immer eine gewisse Aktion, die Pflanzen zu stützen – etwa durch Maschendraht der wie ein grobes Netz über die jungen Pflanzen gespannt wird durch den sie in Folge hindurch wachsen. In naturhaft wirkenden Gärten ist das etwas „technisch“.
Es gibt aber auch staudig, sprich mehrjährig wachsende Nelkenarten mit den typischen Duftblüten. Dianthus plumarius und Dianthus gratianopolitanus etwa. Sie erreichen Höhen zwischen 20 und 30 Zentimetern und bilden polsterige Pflanzen in einem zuweilen stahlgrau schimmernden Grün. Die Blütezeit der Sorten dieser Arten (auch hier bitte durchschnuppern, es gibt auch duftlose Sorten) fällt in den Mai und Juni und grundsätzlich sehr reich aus, sofern die Pflanze sonnig steht und einen durchlässigen Boden unter den Wurzeln hat. Es lassen sich kleine Vasen spektakulär füllen, die ein ganzes Zimmer durchduften können, denn alle gefüllten Nelken sind ausgezeichnete Schnittblumen. Polsternelken müssen immer mal am besten durch das Heranziehen von Stecklingen verjüngt werden. Früher oder später verkahlen sie in der Pflanzenmitte und blühen nur an den äußeren Zonen. Aber das ist kein Problem, sie bewurzeln leicht und man hat von einer Pflanze hohe Vermehrungsraten. Ganz kleine Nelkenpflanzen sind die mittlerweile sehr in Mode gekommenen. Sie duften meist ebenfalls und finden sich viele Monate – etwa von Februar bis September – in den Gartencentern. Auch wenn ich Massensorten nicht besonders schätze, werde ich gelegentlich schwach bei ihnen; ‚Peach Party‘ durfte sogar diesen Beitrag als Foto ankündigen.
Die nach meinen Begriffen besten Nelken für Gartenbeete und Gefäße sind aber die Sorten der „Devon-Cottage“-Serie, die in Großbritannien von dem Züchter Whetman® Pinks auf den Markt gebracht wurden. Aufmerksam wurde ich auf sie um 2013 in einem Gartencenter und probierte eine pinkfarbene und eine weiße Sorte (die oben abgebildet ist) aus. Sie sehen aus wie eine vergrößerte Dianthus plumarius, zeigen sich aber in allen Belangen kraftvoller. Leider habe ich noch nicht heraus gefunden, welche Arten an dieser Kreuzung beteiligt waren.
Ich lernte sie als sehr zuverlässige und langlebige Pflanzen kennen und zog mit diesen Pflanzen zuerst nach Baden-Baden, später nach Karlsruhe und schlussendlich nach Königsbach-Stein um. Jedes Jahr nehme ich mir vor, Stecklinge als eine Art „Backup“ zu nehmen, damit ich im Falle einer Vergreisung der alten Pflanzen Ersatz habe. Aber jedes Jahr kommen sie mir zuvor, indem sie bereits im April Knospen anlegen und damit eine Stecklingsvermehrung nicht mehr möglich machen … und im Sommer verpenne ich das meist. Das hängt auch damit zusammen, dass sie nach dem Entfernen der vielen, vielen abgeblühten Stiele bereits wieder durchtreiben und einen zweiten Flor für den Spätsommer vorbereiten. Und bisher zeigen auch die fünf Jahre alten Pflanzen keinerlei Verschleißerscheinungen.
Mittlerweile habe ich durch Zufall in einem Discounter (ich verrate nicht wo, das ich mir zu peinlich) noch zwei weitere Farben der „Devon Cottage“-Serie gefunden. Warum hatte ich sie dort gekauft, wo ich doch Pflanzenangebote dieser Verkaufsstelle grundsätzlich nicht annehme? Ganz einfach: Ich kannte damals keinen Anbieter, der genau diese Nelkensorten führt und die Pflanzen waren mit dem Sortenetikett gelabelt und vermutlich frisch geliefert und in gutem Zustand. Mittlerweile habe ich einige Sorten bei der Versandgärtnerei „Lichtnelke“ entdeckt, die auch zuverlässig Bestellung online erledigt.
Nunja – auch die beiden Neuzugänge – eine in zartrosa, eine in granatrot, machten sich bestens. Und die als Aufmacher abgebildete rote Sorte blüht bereits Anfang April im Kübel. Das ist etwas seltsam, so vor den Kaiserkronen und neben den gefüllten Murillo-Tulpen … schließlich verbinde ich mit Nelkenduft eine Sommerstimmung. Aber warum sollte es mich stören?