Diese Rosenklasse ist vielgestaltiger als man meinen möchte. Allen hier einsortierten Züchtungen gemeinsam ist, dass sie lange, mehr oder weniger laxe Triebe haben, die nicht so stabil stehen, dass sie die Blüten solide genug halten und aufgebunden werden müssen, damit weder die Triebe brechen noch die Blüten auf der Erde aufliegen. Aufgebunden erreichen sie dann eine Höhe etwa ab zwei Metern Höhe. Die meisten Kletterrosen werden zwischen zwei und drei Metern hoch und eignen sich bestens für die Behübschung von Rosenbögen, das Begrünen von Zäunen oder – eingeschränkt – auch den Schmuck von Gebäudewänden.
Letzteres kann allerdings für die Rose kritisch werden. Genauso wie alle anderen Rosen auch, leidet das Laub bei stauender Wärme oder schlecht durchlüfteten Plätzen unter Stress und das Risiko von Schädlingsbefall oder Pilzinfektionen steigt sehr stark an. Die gleiche Sorte, die etwa an einem frei stehende Bogen völlig frei von Malessen ist, kann an einer Wand kränkeln und ist alles andere als eine Zierde. So sollten nur wirklich ausgewiesen krankheitsfeste Rosen an einer West- oder Ost-Wand gezogen werden und wir sollten ihnen das Leben erleichtern, indem wir zwischen dem unbedingt erforderlichen soliden Klettergerüst und der Wand selbst eine Lücke von mindestens 30 Zentimetern lassen. Südwände scheiden völlig aus, das packt so gut wie keine Kletterrose.
Ein wichtiges Merkmal öfterblühender Kletterrosen verrät bereits ihr Name: Sie haben das Zeug dazu mehrere Blütenschübe in einer Saison anzusetzen. Es gibt auch einmal blühende Kletterrosen, die sich nicht allein durch das Blühverhalten von den Öfterblühern unterschieden: Einmal blühende Kletterrosen können über 10 Meter hoch werden, während bei den öfter blühenden Kolleginnen meist bei etwa viereinhalb Metern als Maximum das Ende der Rankstange erreicht ist; meist liegt es deutlich darunter.
Alle kletternden Rosen haben sehr unterschiedliche Ahnen und deren Erbe schlägt sich in den einzelnen Sorten mehr oder weniger sichtbar nieder. Um einen ganz groben Unterschied zu machen, kennen Rosenfreunde „Rambler“ und „Climber“.
Die hier behandelten Climber hingegen wachsen eher starr und haben relativ große Blüten. Sie sehen aus, wie Strauch- oder Edelrosen an überlangen Trieben und tragen das gesamte komplexe Erbe auch dieser Klassen meist in sich. Die oben zu sehende orangefarbene ‚Naranga‘ ist ein typischer Climber.
Die Unterschiede zu den kleinblumigen öfterblühenden Rambler sind äußerst fließend, und das nicht zuletzt dadurch, weil eine markante Wildart namens Rosa wichuraiana, neuerdings spricht man hier auch von Rosa lucieae, und deren Abkömmlinge bei der Entwicklung der Kletterrosen nicht wegzudenken ist. Wichuraiana-Rosen stehen sowohl hinsichtlich der Wuchseigenschaften als auch der Blütengröße so ziemlich zwischen den Erscheinungen eindeutiger Rambler und Climber. Sehr gut lässt sich das an dem zartrosa Kletterrosen-Evergreen ’New Dawn’ zu sehen, die diesen Beitrag einleitet hat. Sie hat jahrzehntelang das Sortiment beherrschte und in der Züchtung sehr häufig eingesetzt wurde.
Wer also eine Kletterrose kauft, weiß lediglich, dass sie eine Höhe von mindestens zwei Metern erreicht – alle anderen Eigenschaften müssen an den Sortenangaben selbst abgelesen werden. Das Sortiment ist immens reich an Blütenformen, Farben und Anordnungen der Blütenbüschel.
Das Ganze wird noch etwas verkompliziert durch den Umstand, dass viele Strauchrosen sich ebenfalls aufbinden lassen und auf diese Weise sogar deutlich höher wachsen als freistehend. Bei Englischen Rosen etwa lässt sich ein- und dieselbe Sorte je nach Stütze sowohl als Strauchrose als auch als Climber einsetzen. Die oben abgebildeten ’Teasing Georgia’, ’Gertrude Jekyll’, ’James Galway’ oder ’A Shropshire Lad’ sind wunderbare Beispiele, die ihre Schönheit gerade als Kletterrosen besonders ausspielen.
(Anmerkung: Das Bild von ‚Teasing Georgia‘ stammt von der lieben Anna Griestop und ist vor ein paar Jahren bei der Produktion eines Buches entstanden.)