Orchideen sind nicht kompliziert – zumindest die Sorten die für eine Zimmerkultur züchterisch bearbeitet wurden. Zu ihnen gehören die im Handel erhältlichen Cymbidien (Cymbidium) – sie sind auch unter dem etwas aus der Mode gekommenen Namen „Kahnorche“ bekannt. Mir sind sie deswegen sympathisch, weil sie nicht nur herrliche, exotische Blüten hervor bringen, sondern mit ihren länglichen Blättern die aus kleinen Pseudobulben entsprießen auch eine hübsche Pflanze abgeben. Das kann man beileibe nicht von allen Orchideen sagen, allen voran den allgegenwärtigen Phalaenopsis, deren Pflanzen aussehen wie übereinander gelegte Elefantenohren. Nicht dass auch solche Orchideen hübsch im Zimmer inszeniert werden können – doch mit Cymbidien ist es eben einfacher einen Zierwert zu haben, wenn sie gerade nicht blühen. Davon abgesehen warten sie mit sehr reizvollen Blüten auf. Mir gefallen die zart grüngelben Sorten, die bei Sonneneinstrahlung ziemlich gelb wirken, und die altrosa oder holzig rot blühenden Züchtungen am besten.
Hinzu kommt das es kein Problem ist, Cymbidien zu pflegen. Sie nehmen gelegentliche Gießfehler – allen voran ein Zuviel an Wasser – nicht so übel wie andere Orchideen … was aber nicht heißen soll, sie als Sumpfpflanze zu pflegen. Staunässe mögen sie ebenso wenig wie jede andere Pflanze (Sonderfälle wie Zyperngras einmal ausgenommen), aber sie gehen nicht unweigerlich ein, wenn mal ein Patzer passiert.
Im Winter stelle ich mein Cymbidium (aus Platzgründen habe ich derzeit nur eine Pflanze) an ein helles Fenster ins Wohnzimmer. Auch wenn diese Orchideenart es kühler liebt – meist werden Temperaturen nicht höher als 18°C empfohlen – hatte ich bisher noch keinerlei Probleme bei etwas höheren Temperaturwerten. Allerdings steht sie auch nicht über dem Heizkörper, denn die daraus resultierende trockene Luft mag sie ebenso wenig wie so ziemlich jede andere Zimmerpflanze im Winter. Hinzu mag kommen, dass ich selbst Wohnungstemperaturen deutlich über 20°C als zu warm empfinde.
Ich habe meine Pflanze vor vier Jahren im Winter neu gekauft und darauf geachtet, dass sie eher gedrungen wächst. Im Handel unterscheidet man grob zwischen großblumigen Sorten die in erster Linie für den Blumenschnitt kultiviert werden und Mini-Cymbidien, die nicht allzu gewaltig wachsen. Kleinere Ausgaben gelten als leichter für die Hobby-Zimmergärtnerei und sind auf lange Sicht auch handlicher. Beim Kauf hatte die Pflanze drei Blütenstände von denen bei zweien sich die ersten Blüten öffneten. Die einzelnen Blüten stehen als Traube zusammen und je nach Züchtung und Pflegezustand können bis zu 30 Blüten sich so anordnen (ich hatte mal grünblühende Cymbidien, die eine solche enorme Blütenfülle ausbildeten.)
Die neue Pflanze habe ich wie beschrieben aufgestellt. Nun aber der Trick in der Kultur: Sowie keine Fröste mehr zu erwarten waren bezieht die Cymbidie ein halbschattiges Sommerquartier im Freien. Derzeit auf der Dachterrasse. Cymbidien gehören zu den ersten Zimmerpflanzen die in die Sommerfrische überführt werden. Minusgrade sind eine Bedrohung, sollte es doch noch frieren kommt sie für die paar Nächte wieder ins Haus. Niedrige Nachttemperaturen hingegen die über der 0°C-Marke liegen sind kein Problem.
Meine Cymbidie bekommt einen etwa zwei Nummern größeren Topf. Ich verwende beim Umpflanzen kein spezielles Substrat für Orchideen, sondern ganz handelsübliches vorgehängtes Zimmerpflanzensubstrat, wenn auch von einer namhaften Marke … Orchidee ist eben Orchidee! Cymbidien kommen mit der Kraftnahrung gut klar. Anders als andere Orchideenarten, deren Düngerration mindestens halbiert werden sollte, vertragen Kahnorchen die Düngesalze ganz gut. Man kann im Sommer förmlich sehen, wenn sich die Pflanze wohl fühlt – gelbe Blätter sind entweder ein Hinweis dass die Pflanze zu sonnig steht, oder zeigen an, dass das Substrat zu nass ist … etwa bei wochenlangem Dauerregen.
Die Pflanzen bleiben so lange wie möglich im Freien und werden wirklich erst dann ins Haus gebracht, ehe erste Fröste im Herbst auftreten. Hier in Karlsruhe im milden Klima ist das sogar erst im November der Fall, gelegentlich sogar noch später. Die kürzeren Tage und kühleren Nächte die voraus gehen sind absolut wesentlich, damit die Pflanzen Blütenstände anlegen. Man erkennt sie an den kleinen spießförmigen Auswüchsen an der Basis der Pflanzen, die sich außen herum bilden.
Am besten ist es, die Pflanzen erst einmal kühl und hell aufzustellen, um nicht einen unmittelbaren Temperaturschock vom kühlen Freien ins warme Wohnzimmer zu haben und damit das Steckenbleiben oder Vertrocknen der Blütenstände zu riskieren. Ein, zwei Wochen der Akklimatisierung reichen aber völlig aus. Und ich gebe zu, dass ich aus Platzmangel auch schon mal die Pflanzen direkt ins Warme gestellt habe, dann aber aufgepasst habe, dass sie nicht austrocknen und gelegentlich sogar besprüht (das mache ich wirklich höchst selten …).
Die Anzahl der Blütenstände die gebildet werden kann stark schwanken. Heuer sind es fünf davon mit etwa 9 Blüten pro Traube. Nicht schlecht, es gab auch schon schwächere Jahre. Ich denke, die intensive Sonneneinstrahlung im Sommer 2018 hat dazu beigetragen, offenbar reagiert die Pflanze auf Spätsommerwärme und dem Unterschied zu den kühlen Nächten besonders gut mit Blütenbildung. Im vorangegangenen Jahr, als der Spätsommer und Herbst regnerischer waren, gab es nämlich weniger Blüten. Sonnenlicht ist für die Blütenbildung überaus wichtig. Halbschatten reicht nicht für alle Sorten aus, damit sie Blütenstände ansetzen – man muss ein bisschen trixen und ausprobieren, wenn es mal schief gehen sollte.